Als absolute Naturliebhaberin, dem Herz im Fuß und der Neugier im Auge war der Aufstieg auf die Zuspitze natürlich ein Punkt auf meiner Bucketliste.
Am 27.05.23 startete die Reise. Im Auto mit meinem Papa, meinem Bruder und meinem Freund fuhren wir mittags von Heidelberg nach Peiting. Einem Ort, der circa eine Stunde von der Zuspitze entfernt liegt. Im Gasthof angekommen erkundeten wir zuerst einmal die Umgebung und liefen zu Fuß in das Nachbardorf auf einen Bauernhof, um ums das Abendessen in Form von Käsespätzlen schmecken zu lassen. Danach gab es Wein und einen Spieleabend, denn wir wussten, dass wahrscheinlich Niemand von uns in dieser Nacht schlafen würde. Dann kam die Nacht, in der ich oft darüber nachdachte, was passieren würde, wenn ich es nicht durchziehen könnte. Muss ich umkehren? Wird meine Ausrüstung reichen? Werde ich Spaß haben?
Nach einer nicht sehr erholsamen Nacht ging es für uns trotz allem um 7 Uhr zum Frühstück bei dem ich nicht wirklich etwas essen konnte. Keine gute Voraussetzung eigentlich…
Im Anschluss fuhren wir mit dem Auto nach Ehrwald und die Aufregung stieg.
Da sich die Planung änderte von Garmisch-Partenkirchen durch das Rheintal zu auf die Zugspitze zu steigen, fuhren wir mit dem Auto noch ein kleines Stück weiter um den Fuß des Berges, auf die Österreichische Seite. Von Ehrwald – Österreich begann schließlich unsere Tour.
Als wir ankamen war das Wetter gut, die Motivation und der Hunger zurück, doch meine Wanderschuhe leider kaputt. (Vielleicht hätte ich mir nach sieben Jahren schon mal für einen Aufstieg dieser Art neue Schuhe kaufen können.) Nach einer kleinen Nähstunde begann dann der Weg für uns.
Über die Wiese, durch den Wald und entlang der Bäche und Seen. Natur pur. Liebe pur. Frische und Freiheit. Nach 4km dann die erste richtige Aussicht. Ich konnte wieder etwas essen und stolz durchflutete mich.


Senkrecht den Berg hinauf, entlang der Skipisten und den Schneekanonen ging der Weg weiter. Steine, Geröll und Staub waren nun Teil der Strecke und ich merkte wie die Temperatur sank. Von heiß zu kalt in wenigen Metern.
Entlang der Murmeltiere und der Bergziegen genoß ich die Anstrengung und die Aussicht, denn schon bald wurde der Weg teilweise mit Schnee bedeckt und der Himmel dunkel. Kein Problem für uns. Wir waren schließlich auf alle Fälle vorbereitet. Mit den ersten Regentropfen kamen uns auch die ersten Wanderer entgegen.
Sie rieten uns ab ans über die 2. Etappe ans Gatterl (die Grenze zwischen Deutschland und Österreich) und noch weiter zu gehen. Der Weg sei zu beschneit, der Abhang zu steil und die Sicht zu schlecht. Die Gefahr zu Groß? Ein Schock, der uns Szenarien zeigte, die wir nie betrachtet hatten, allerdings wollten wir wenigstens das Gatterl sehen.
Nach einer Brötchen- und Riegelpause machten wir uns entgegen der Empfehlung wieder auf den Weg. Es begann richtig zu regnen und der Schnee wurde dichter, die Schuhe nasser und der Weg schmaler. Rechts von uns das Tal, links der Berg. Nach dem einem oder anderem Herzkasper, weil einer von uns im Schnee ausrutschte sahen wir irgendwann das Gatterl. Keine Wanderer, nur wir und das Drahtseil in unserer Hand. Im strömenden Regen passierten wir das Gatterl und kletterten über die ersten Steine nahe des Abgrundes.


Gatterl (Grenze: Österreich/Deutschland)
Als der Regen aufhörte und vom Nebel abgelöst wurde, sahen wir dann die Knorrhütte – unser Übernachtungsziel.
Abseits des Abgrundes ging es weiter, bis zum Knie im Schnee. Alleine mit einem weiteren Wanderer, der das gleiche Ziel hatte wie wir, stapften wir Schritt für Schritt weiter. Er ging mit einer Selbstverständlichkeit an uns vorbei, sodass uns alle Zweifel verließen.
An der Hütte angelangt wurden wir herzlich empfangen. In einem Matratzenlager, Gletscherwasser und vielen netten Menschen mit dem gleichen Ziel, übernachteten wir auf 2050m Höhe.
Als wir uns mit anderen Wanderern ausgetauscht hatten, uns dem Platzmangel und dem kalten Wasser arrangiert hatten, war es auch schon Schlafenszeit, denn das Aufstehen war für 6:15 Uhr geplant.
6:45 Uhr Frühstück, 7:30 Uhr Abfahrt.
Gerade den Berg hoch, wie die Armeisen, stapften wir ca. 1,5 Stunden im Schnee bis wir an die letzte Etappe gerieten.

Leider war hier der letzte Teil wegen Eis noch gesperrt, sodass wir eine Gondel für die letzten Meter nehmen mussten. Besser für uns, denn surprise – am Grad sterben war nicht unser Ziel.
Dann der Erfolg, Gipfelkreuz um 9:30 Uhr. Die Aussicht und der Stolz waren berauschend.
Fotos machen, Aussicht genießen, Essen und beobachten. Staunen.


Allerdings war in unseren Hinterköpfen der Abstieg, der noch am selben Tag über die ursprüngliche Route durchs Rheintal erfolgen sollte.
23km bei denen wir alle Höhenmeter in den ersten Kilometern absteigen und wie die Bergziegen auf Geröll rutschten. Mit einem Kaiserschmarren im Magen verlief der Rest der Strecke, der mit der Patnach gezeichnet war, relativ gerade. Aber er war lang, verdammt lang. Und so waren wir dankbar diese Route nicht als Aufstiegroute gewählt zu haben.
Trotz unserer Ruhe hatten wir allerdings ein letztes Ziel für den Tag: Durch die Patnachklamm nach Garmisch-Patenkirchen gehen, welche um 17.30 Uhr ihre Tore schloß.
Trotz eines Sprints erreichten wir die Klamm um 17:31 Uhr und verpassten somit den elektrisch gesteuerten Eintritt. Also ging es einmal einen Umweg um sie herum. Mit Knieschmerzen und akuter Unlust einen Umweg zu laufen machten wir uns gezwungenermaßen auf den Weg. Im Hinterkopf: Das Auto steht auf der anderen Seit des Berges und Hunger hatten wir auch.
Also nahm mein Bruder, der noch nicht ganz ausgelastet zu sein schien, seine Beine in die Hand und joggte den Umweg vor, um in die Bahn zu steigen und das Auto aus Ehrwald nach Garmisch zu holen. Für uns drei ein paar entspanntere Kilometer. Dennoch waren wir froh, als wir hinter der Klamm schon Garmisch sahen und die Anstrengung von uns abfiel. Endpunkt war dann (für mich Barfuß) die Olympia Sprungschanze In Garmisch-Partenkirchen um 19:00 Uhr, an der wir auf unseren joggenden Wanderer und unser Auto warteten.

Wir staunten, warteten und schwiegen. Überrumpelt von dem was wir erlebt hatten.
Von 2050m auf 2961m durch tiefsten Schnee, dann 25km zurück nach Garmisch durchs Rheintal. Alles an einem Tag. (K)ein Spaziergang.
Als wir wieder vollzählig waren, dann das lang ersehnte: ESSEN.
Mit mindestens einem Burger im Magen ging es erneut nach Peiting zu unserem Gasthof, an dem wir um 23 Uhr ankamen und totmüde ins Bett fielen.
Rückblickend sind wir immer noch unfassbar froh unsere Route für den Aufstieg nochmal geändert zu haben, denn so sahen wir zwei Strecken und hatten keinen Zeitdruck durch die ein wenig langweilige lange Strecke durchs Rheintal. Beim nächsten Mal würden wir allerdings noch zwei Monate mit dem Aufstieg warten, da der Tiefschnee die Sicherheit und die Kondition beeinflusste.
Für alle vier von uns war der Aufstieg ein Erfolg.
Also eine absolute Empfehlung!
Vielleicht zieht es euch ja auch mal zu Fuß (oder mit der Seilbahn) auf die Zugspitze?
Galerie












Ankunft Skisprungschanze Garmisch-Patenkirchen



